Jerome lebte in einer Kleinstadt.
Jerome mochte keine Kleinstädte. Da ist man als Mensch viel zu sehr festgelegt.
In vergangenen Zeiten war das Stahlwerk das Vorzeigesymbol. Zwölf Schornsteine ragten in den Himmel. Alle wollten dort arbeiten. Jeden Morgen verließen sie gemeinsam das Haus, setzten sich gemeinsam in den Bus, stiegen vor den Toren des Werkes aus. Arbeiteten.
Dann kam die Wende.
Allmählich verließ ein Schornstein nach dem anderen das Werk.
Mit ihnen die Arbeiter. Grüppchenweise.
Das Arbeitsamt wurde zu einem beliebten Treffpunkt.
Man tauchte in Gefühlsfloskeln ab: "Früher war alles besser. Zu DDR-Zeiten. Da hatte man wenigstens Arbeit. Gut. Das Stahlwerk war zwar nie mein Traum. Aber man kann ja eben nicht immer wie man will. Leben ist halt kein Zuckerschlecken."
Die Geburt der toten Stadtteile.
Das geht schnell. Man erhofft sich besseres im Drüben.
Sitzt nun dort bei Agenturen rum.
Hätte man vom Westen nichts gewusst, wäre er wohl nie zu einem Wunsch geworden.
Nun gibt es seine Stadt zwar noch.
Aber was ist ein Ort, der sich in alten Zeiten zu einer Arbeiterstadt erklärte, sich dahingehend ausrichtete, ohne Arbeit?
Die Stadt und das Stahlwerk waren zusammengewachsen, wie ein Mensch mit seiner Sucht. Das Werk gibt es nun nicht mehr.
Auf den Straßen riecht es nach Entzugserscheinung.
Bald, irgendwann müssen doch die Krämpfe, die Schüttelfrostattacken, die Sehnsüchte, die Gier nach Stahlstoff ein Ende haben?...
Dienstag, 30. Januar 2007
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