Mittwoch, 17. Januar 2007

Jerome ist ohne Arme aufgewachsen.
Er brauchte sich nie Gedanken darum zu machen, wie er diese wohl richtig einsetzt - was man damit alles anstellen mag.
Vor Auseinandersetzungen, die in Faustschlägen enden würden, hatte er keine Angst. Selbst bei größtem Kontrollverlust: Es würde ihm niemals passieren können, einem anderen mit geballter Hand ins Gesicht zu schlagen.
Diese Erkenntnis erleichterte ihm den Alltag sehr.
Zumindest gelang es ihm dadurch, den Verlust einigermaßen zu verkraften.
Dabei hat er sie nicht einmal verloren. Wieso Verlust?
Jerome kam bereits armlos zur Welt.
Der Bezug zum anderen ließ ihn erst erahnen, was es wohl heißt, zwei Arme zu haben.
Oft fragte er sich, wie es sich wohl anfühlen mag, mit zwei Armen, zwei Händen, zehn Fingern.
Er brauchte sich nie Gedanken darum zu machen; er tat es aber - unentwegt.
Und immer dieses Gefühl des Verlustes. Das Fehlen zweier Extremitäten.
Nichts fehlte ihm mehr. All die Fragen nach dem womöglichen Besitz, wie fühlt es sich an?, was verpasse ich?, was könnte ich damit wohl machen?.
Obwohl es ihm verwehrt blieb, in Erfahrung zu bringen, was Greifen, Händeschütteln und und und überhaupt heißt, es fehlten ihm stets exakt zwei Arme, nie nur einer oder drei.
Schon früh entstand ein großer Hang zum Schreiben.
Nächtelang lag er wach, fragte sich, wie es wohl wäre, einen Stift zwischen die "heiligen" Drei Seiner rechten Hand zu legen und filigrane Zeichen auf ein Stück Papier zu malen.
Dass er Rechtshänder wäre, davon war Jerome überzeugt.



Fortsetzung folgt

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